Letzten Donnerstag ging es in einer angenehm beschwingten 10 Stunden Fahrt bei allerbestem Sommerwetter nach Südschweden: mit dem Auto, der Fähre und über Öresundbrücke und -tunnel. Dass wir nicht mal ansatzweise auf die Idee kamen, praktischerweise lieber einen Flug zu buchen, tat uns trotz der schönen Eindrücke und Ausblicke im nachhinein doch etwas weh, gewisse unanständige Preise gehörten eigentlich verboten. So war die Fahrt nicht nur rückblickend eine Investition in die Zukunft, sondern nicht besonders clever vorausschauend auch eine gegenwärtig heftig spürbare, die sich glücklicherweise gelohnt hat (und nicht zur Fehlinvestition geraten ist).

Vor knapp drei Jahren hatte ich begonnen die Laufbahn als Richterschülerin einzuschlagen, damals noch mit der Vorprüfung beim Berliner-Pro-Kat. Meine Katzenfaszination und Leidenschaft für die Züchterei und was sonst noch dahintersteckt (Standards, Genetik, Gesundheitsfragen usw.) ging schon bald über die eigene (also selbst gezüchtete ;-)) Rasse hinaus und wie es meine Art ist, wollte ich gern alles noch ein bisschen genauer wissen. Da lag der Gedanke an eine Richterausbildung fast schon zwangsläufig nahe. Zwischenzeitlich wäre ich auch beinahe wieder von diesem Wege abgekommen, aber das ist eine andere Geschichte (unvermeidlich dazu gehörender Frustrationen) die hier und jetzt nicht erzählt sein soll.

Nun habe ich das erste große Etappenziel erreicht. Hurra. Große Freude. Und Erleichterung. Und auch zugegebenermaßen etwas Stolz. Ich bin nun Kurzhaar-Allbreed (eine der vier Kategorien und mit 39 Rassen die größte) und langsam dringt das auch zu mir durch. Immer noch schwebe ich ein bisschen. Aber bis dahin war ich im Vorfeld auch reichlich abgehetzt und aus mancherlei anderen persönlich-privaten Gründen ebenfalls unter Druck und über ganze drei Tage hab ich noch in Schweden gebangt und gehofft, doch dann ... fiel wundersamerweise die Anspannung von mir ab.

Die Ausstellung in Båstad war richtig schön und sehr atmosphärisch, rundum gelungen und vor allem die Leute so nett. Das kontrastiert doch deutlich zu dem, was man aus der Katzenszene des Heimatlandes gewohnt" ist. Hier herrscht zu oft eine paradoxe Gepflogenheit als geheime Regel oder unausgesprochene Aufforderung an Insider, dass man sich für Erfolge eher entschuldigen, verstecken, vielleicht sogar etwas schämen sollte, sich die eigene Freude aus strategischen Gründen des Dazugehörens besser verkneift, jedenfalls vorsichtshalber nicht zu sehr anmerken lässt. Im Zweifel immer cool wirken. Ganz anders dort. Bei der Best in Show steht vor dem Podium ein wahrhaft interessiertes Publikum - was dem Charakter dieses Wettbewerbs ja auch irgendwie wirklich angemessen ist - und für die Gewinnerkatzen und ihre Besitzer wird ordentlich anerkennend und aufrichtig geklatscht. Die Wahl der schönsten Katzen findet auf der Bühne statt und wenn der Sieger genannt ist, wird ihm zuallererst vom nebenstehenden Kontrahenten gratuliert, nicht selten mit freundschaftlicher Umarmung. Das war mir schon vor anderthalb Jahren auf einer Heimtiermesse in Stockholm so angenehm aufgefallen und deshalb fuhr ich zur Prüfung in dieses Land richtig gern, offen und vorbehaltlos.

Das Ambiente war so, dass die Übung einfach gelingen musste und selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, bliebe das Erlebnis. Leider kamen wir zu wenig zum Fotografieren und die paar Bilder gelangen nicht mal sonderlich. Die gute Stimmung einfangen und widerspiegeln vermögen sie vermutlich nur schwach. Die Vereinsleute und einige Züchter waren überwiegend in einem urigen und bäuerlich gemütlichen weitläufigen Landhotel untergebracht. Die an der Ostsee und einem Hügel meerabwärts gelegene Stadt Bastad hat südländisches Flair. Unser Domizil war dieses große u-förmige Gebäude, abends versammelten wir uns alle im Hof, tranken, erzählten und es war mir wie Ferienlager. Zahlreiche Katzen - leider sieht man sie nicht, aber ich versuche es so zu beschreiben, dass man sich das vorstellen kann - saßen einzeln oder zu zweit in den Doppelfenstern hinter den Fluren im "Kastanjegarden" wie Bastet-Skulpturen und beobachteten uns - reglos und vornehm. Ein Bild, was jeden anrührte und das sich mir dauerhaft eingeprägt hat. Ich hoffe, dass es einem der anderen gelungen ist das einzufangen, dann trage ich das hier gern nach.

Die theoretische WCF-Prüfung umfasst 40 Fragen: 15 allgemeine Fragen und 15 kürzere sowie 10 ausführlich zu beantwortende Fragen zur gewählten Fellkategorie. Hat man 80 % erreicht, gilt die Prüfung als bestanden, bei nur 70 % schließt sich ein Gespräch an, der gleiche Modus gilt für die praktische Prüfung. Dieser Praxistest folgte am Sonnabend und bestand in meinem Fall aus 33 zu richtenden Katzen unter neun verschiedenen Rassen (auf die nicht anwesenden Rassen beziehen sich i. a. die Theoriefragen, damit möglichst das ganze Spektrum erfasst wird), die da waren: Abessinier, Britisch Kurzhaar, Burma, Cornish Rex, Devon Rex, Exotic Shorthair, Keltisch Kurzhaar, Scottish Fold und (Canadian) Sphynx. Nach dem Bestimmen von Rassen und Farben und Schreiben der Berichte hat der Kandidat eine Liste der Rassesieger und Best in Colours zu erstellen, sowie die seiner Meinung nach besten Katzen zu nominieren.

Meine Berichte wurden hernach in der Auswertung mit den Richterberichten der etablierten nun "Kollegen" aus der offiziellen Bewertung verglichen. Das war jedoch erst Sonntag nachmittag zu schaffen und also schmorte ich noch eine Runde bis dahin (über Nacht, man kann sich vorstellen, wie ich wohl geschlafen haben werde) - um dann endlich zu meiner großen Freude und echten Überraschung erfahren zu dürfen, dass wir keine nennenswerten Abweichungen hatten, also in der Einschätzung der jeweiligen Tiere kaum differierten. Erlösung - was war ich froh! Einem Tier etwa das Zertifikat zu verweigern, das von einem der Richter nominiert worden ist oder andersherum, das wäre zum Beispiel ein echter Durchknaller gewesen und dass so etwas passieren könne, befürchtet man in dieser Situation selbstverständlich. Aber alles wurde gut. Als mir auf der Bühne gratuliert wurde, gab es wieder diesen deutlich vernehmbaren freundlichen - um nicht zu sagen gewaltigen - Applaus und ich war eins mit mir und aller Katzenwelt. Ein wirklich großes erhebendes Gefühl.

Ich danke an dieser Stelle all denen, die mich unterstützt haben, ganz besonders herzlich meinem Vereinschef Calle und dem Freesenkatten, außerdem den Prüfern, den Gastgebervereinen SNRF und FHK, der WCF im Hintergrund und dem Pro-Kat für die dortigen ersten Schwimmversuche. Und schließlich meinem Schatz Steffen für den mentalen Beistand, er hatte es nicht ganz leicht mit mir...

Und so viel Zeit musste auch noch sein:

Dies war allerdings erst auf dem Rückweg und dann schon wieder in dänischer See. Der Strand in Båstad ist noch viel schöner und für den Urlaub übrigens sehr zu empfehlen. Zweimal war ich lange schwimmen (zum Glück bin ich ja nicht in der Prüfung baden gegangen :-)).